Nachtragsmanagement zur Kostenprävention

Uwe Besecke
Dipl. Bauingenieur + Wirtschaftsjurist LL.M
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Berater * Coach
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Nachtragsmanagement zur Kostenprävention

Projektmanagement, Nachtragsmanagement
Veröffentlicht von Besecke in Baunachtrag · Donnerstag 14 Jul 2022
Tags: AufbauNachtragsmanagement
Aufbau Nachtragsmanagement  zur Kostenprävention
 
Solange gebaut wird, gibt es Baunachträge. Also Veränderungen bei der Leistungsbeschreibung im Werkvertragsrechts nach dem Vertragsschluss/Auftragserteilung. Denn mit dem Angebot/Auftragserteilung schuldet der Anbieter den Werkerfolg und die Funktion der Leistung, soweit nichts Abweichenderes  zwischen den Vertragsparteien einvernehmlich vereinbart wurde.
 
Die Gründe für solche Vertragsänderungen können völlig verschieden sein. Sie können gerechtfertigt sein, wenn z.B. der Auftraggeber/Besteller den vereinbarten Werkerfolg per Anordnung ändert. Aber in vielen Fällen sind Baunachträge  und die damit verbundenen Kostenerhöhungen mit Begründungen wie „stand nicht im Leistungsverzeichnis“, „habe ich nicht kalkuliert“ oder „konnte ich nicht wissen“ nicht gerechtfertigt und stellen reine Gewinnoptimierungen dar. Das bedeutet, dass man die gegebenen Nachlässe in einem Angebotsverfahren wieder durch Nachträge ausgleichen will um keine Verluste zu erleiden.

Ein weiteres Gebiet sind Preisabsprachen bei öffentlichen Ausschreibungsverfahren  zwischen Firmen und ausschreibenden Büros, was dann auffällig wird, wenn viele Mengenveränderungen oder sogar Nullpositionen ohne Einwirkungen des Auftraggebers in Leistungsverzeichnissen vorhanden sind. In den geprüften Fällen wurde dies mit der Begründung, „wir haben doch gespart“, ignoriert. In solchen Fällen machen aufwendige öffentliche Vergabeverfahren keinen Sinn (siehe Beispiel unten).

Auch hier greift ein unabhängiges Nachtragsmanagement bei der Korruptionsprävention ein, um bestimmte Erscheinungsbilder bei Baumaßnahmen zu erkennen und vorzubeugen. Dies muss natürlich politisch auch gewollt sein.
  
Dazu haben wir über Jahre eine Studie in einer öffentlichen Verwaltung in RLP angefertigt und entsprechende Baumaßnahmen und deren Schlussrechnungen ausgewertet. Dabei war auffällig, dass es bei den Führungskräften einschl. der technischen Sachbearbeiter eine hohe Gleichgültigkeit zu den Baukosten („Zahlung bringt Frieden“, „ist nicht mein Geld“) gibt und ein Wille zur Änderung der eigenen Arbeitsweise nicht vorhanden war („machen wir schon immer so“).
 
Allerdings die politischen Führungskräfte haben sich durch entsprechende Dienstanweisungen abgesichert aber nicht organisiert, dass diese Dienstanweisungen auch durch die Mitarbeiter eingehalten werden können. Es ging nur um die eigene Absicherung, die Verantwortung soll auf die Mitarbeiter im Schadensfall abgewälzt werden.

Als im Jahr 2015 in dieser öffentlichen Verwaltung festgestellt wurde, dass ein Nachtragsvolumen bei Baumaßnahmen von ca. 13 Mio. € zu Kostensteigerungen von ca. 3 Mio.€ geführt haben, wurde eine entsprechende Verfügung/Dienstanweisung zur Nachtragsprüfung erlassen. Ein unabhängiges Nachtragsmanagement wurde nicht eingeführt, was 2022 dazu geführt hat, dass ein Nachtragsvolumen von jetzt 20 Mio. € besteht und die Kostensteigerungen bei Baumaßnahmen sich auf ca. 7 Mio. € erhöht haben. Die politischen Führungskräfte haben sich abgesichert und die Verantwortung auf die technischen Sachbearbeiter übertragen.

Immer wieder hören wir bei Prüfungen in der öffentlichen Verwaltung von den verbeamteten Führungskräften, dass die Nachtragsprüfung eine technische Angelegenheit wäre. Dem haben der BGH und andere Gerichte eindeutig widersprochen. Diese Aussagen können als Ablenkungsmanöver von der eigenen Verantwortung gewertet werden.
 
Im Nachtragsmanagement geht es um eine juristische Beurteilung. Es gilt der rechtliche Grundsatz, dass ohne Rechtsanspruch keine Zusatzvergütung vorhanden ist.
 
Dazu haben die Gerichte folgende Leitsätze aufgestellt:
 
„Die juristischen Grundsätze zur Vertragsauslegung können sich ganz erheblich von den ingenieurtechnischen und betriebswirtschaftlichen Ansätzen unterscheiden. Die ingenieurtechnische Sicht greift zu kurz“. (BGH VII ZR 45/06).
 
„Die Ermittlung der Verkehrssitte (Anm.: technisch spezialisierte Texte für technische Fachleute i.S. § 157 BGB) kann einem Sachverständigen übertragen werden“ (BGH VII ZR 75/03).
 
Bei der späteren Auslegung des Vertrages kommt den Ausführungen des technischen Sachverständigen nur begrenzte Funktion zu. Sie beschränkt sich im Wesentlichen darauf, das für die Beurteilung bedeutsame Fachwissen zu vermitteln, also Fachsprache und Üblichkeit. (Kniffka/Koeble in Kompendium des Baurechts 3. Auflage Rn. 70)
 
„Die Vertragsauslegung obliegt dem Gericht (Anm.: Juristen). Unter anderem hat das Gericht (Anm.: Jurist) zu prüfen, ob dem Gutachten des technischen Sachverständigen fehlerhafte juristische Vorstellungen zugrunde liegen.“ (BGH VII ZR 143/93)
 
Daraus folgt eindeutig, dass der planende Erfüllungsgehilfe des Bestellers nicht selbständig und abschließend eingereichte Baunachträge im Rechtsgrundsatz prüfen kann (Rechtsdienstleistungsgesetz, 4 – Augen- Prinzip o.ä.), sondern eine reine Bauherrenaufgabe sein muss. (siehe dazu auch unser Seminar „Gliederung Fachvortrag Methoden Nachtragsprüfung“)

Die technische Stellungnahme der Architekten/Ingenieure hat nur bei der Vertragsauslegung eine unterstützende Funktion, aber keine klärende Funktion (siehe dazu unser Seminar „Stellung des Architekten im Nachtragsmanagement“).
 
 
Wie stellt sich das Abrechnungsverhältnis im Vergleich Auftragssumme/Ausschreibung zur Schlussrechnung entsprechend unserer Studie (hier nur Auszug) dar?




1) Einschließlich einer Toleranz von +-10% liegen nur 48% der Schlussrechnungen im     Auftragsrahmen, wobei zusätzlich festzustellen ist, dass der Toleranzbereich ebenfalls Baunachträge beinhaltet (genaue Zahlen in unserem Vortrag). Dies bedeutet weiter, dass es eine erhebliche Anzahl von Schein- und Nullpositionen gibt und dies durch Baunachträge ausgeglichen wurde. Fragt man sich, was überhaupt ausgeschrieben und beauftragt wurde?



2)    Davon ausgehend sind 52 % der Schlussrechnungen außerhalb des Toleranzbereiches. (genaue Aufgliederung der Kosten in unserem Vortrag)
 
- 16% <10% der Auftragssumme sind geprägt durch Schein- und Nullpositionen sowie falscher Mengenermittlung im Leistungsverzeichnis.
 
- 36% >10% der Auftragssumme sind geprägt durch Mengenmehrungen und Kostensteigerungen in unterschiedlichem Ausmaß infolge geänderter und zusätzlicher Leistung

Was sind die Grundsätze eines effektiven objektiven Nachtragsmanagements?
 
Dazu gibt die Rechtsprechung mit ihren Leitsätzen sehr gute Vorgaben.
 
Für die Abgrenzung, welche Arbeiten von der vertraglich vereinbarten Leistung erfasst sind und welche Leistungen zusätzlich zu vergüten sind, kommt es auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung an.
 
„Welche Leistungen durch die Leistungsbeschreibung erfasst sind, ist durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Parteien zu ermitteln, §§ 133, 157 BGB. Dabei sind das gesamte Vertragswerk und dessen Begleitumstände zugrunde zu legen“ (BGH, Urteil vom 27. Juli 2006 - VII ZR 202/04).
 
Die Leistungsbeschreibung umfasst die Gesamtheit der Angaben über die nach dem Vertrag zu erbringenden Leistungsverpflichtung, unabhängig davon, ob es sich um zeichnerische, verbale oder konkludente Angaben handelt. Ein Leistungsverzeichnis ist nur ein Teil dieser Gesamtheit von Angaben.
 
„Die Leistungsbeschreibung eines Bauvertrages ist als sinnvolles Ganzes auszulegen“ (BGH VII ZR 179/98).
 
Wie man ein solches Nachtragsmanagement aufbaut, zeigen wir in unseren Vorträgen auf und geben Hinweise nicht nur zur rechtlichen Bewertung der Nachträge dem Grunde nach sondern auch wie die Nachtragspreise, soweit der Anspruch gerechtfertigt ist, auf Basis des Hauptangebotes/Urkalkulation zu ermitteln sind. Gleichzeitig geben wir einen tieferen Einblick in unsere Studie durch eine Vielzahl von Beispielen.

Fragen Sie uns und lassen Sie sich ein Angebote machen für eine Online - Schulung oder in Präsenz.




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