"Wenn Geld keine Rolle spielt" - Erfahrungsbericht

Uwe Besecke
Dipl. Bauingenieur + Wirtschaftsjurist LL.M
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Berater * Coach
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"Wenn Geld keine Rolle spielt" - Erfahrungsbericht

Projektmanagement, Nachtragsmanagement
Veröffentlicht von Besecke in Baunachtrag · Montag 15 Apr 2019
Tags: EgoSteuergeldverschwendungöffentlicheVerwaltungPrüferNachtragsprüfung
"Wenn Geld keine Rolle spielt"

Keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, fehlende Sorgfalt, mangelnde  Transparenz, Verstöße gegen hausinterne Vorgaben und Vergaberecht, unter  den Tisch gekehrte Warnungen vor einer Kostenexplosion sowie mangelnde oder gar falsche Informationen sind Feststellungen zur Ausgabenexplosion  bei der "Gorch Fock"-Sanierung.
Nicht nur dort, dass haben unsere  Prüfungen in der öffentlichen Verwaltungen ergeben. Fehlende Werte wie Transparenz, Ehrlichkeit und  Verantwortung bei den handelnden Führungskräfte führen zu erheblichen Baukostensteigerungen.
Prüfungen in der öffentlichen Verwaltung haben gezeigt, dass Steuergeldverschwendungen in kleineren Maßstäben in jeder öffentlichen Verwaltung auftreten können.
 
So sind die Baukosten während der Ausführungsphase bei Bauprojekten im Schul- und Kindergartenbereich und im Straßen- und Kanalbau in einer kreisfreien Stadt in 4 Jahren um 15 Mio € gestiegen. Statistisch gesehen wird jede beauftragte Leistung bei der Schlussrechnung um ca. 15% teurer.
Stellt sich natürlich die Frage, wie solche Fehlentwicklungen entstehen können.
 
Unsere Studie zu den Kostensteigerungen hat aufgezeigt, dass einerseits die fehlende Ausbildung der Führungskräfte, nichttechnische Verwaltungsbeamte, für technische Fachbereiche eine Rolle spielt. Durch das fehlende technische Verständnis der Verwaltungsbeamten können Sie Ihre Führungsrolle nicht wahrnehmen und somit fehlt jegliches Verständnis für ein effektives technisches Projektmanagement. Ohne Verständnis der Führungskräfte fehlt es an der entsprechenden Organisationsstruktur für eine ausreichende Projektvorbereitung und damit an der Machbarkeit.
 
Andererseits werden die Führungskräfte von den politischen Verantwortlichen gedrängt, nicht so die Wirtschaftlichkeit im Auge zu haben sondern die Wirkung auf die potenziellen Wähler. Dies betrifft besonders die Wirkung von Schul- und Kindergärten oder Sportanlagen, auch wenn die wahren Baukostenabrechnungen verschwiegen werden. Entscheidend für die politischen Entscheidungsträger waren die Außenwirkung auf den Bürger und nicht die Kostensteigerungen oder wirtschaftliche Betrachtungen. Die wahren Kosten wurden durch Intransparenz und Halbwahrheiten den Gremien verschwiegen.
 
Schlüsselwörter in der Argumentation waren dabei, „ Eigendynamik der Baumaßnahme“, „konnten wir im Vorfeld nicht wissen“, „statistische Baukostenwerte treffen für uns nicht zu“, „Augen zu und durch“, „Preisentwicklung war nicht abzusehen“, "besondere Umstände" oder „wir können jetzt nicht mehr aufhören“.
 
Stellt sich natürlich die Frage, aus welchem Grund politischen Entscheidungsträger solch ein Verständnis für die Verschwendung von Steuergeldern haben? Denn man kann davon ausgehen, dass die gleichen Führungskräfte mit Ihrem Privatgeld in dieser Weise nicht umgehen.
Es ist das persönliche Ego des Einzelnen „Recht“ haben zu wollen und die eigene Bestätigung, eine gute Entscheidung getroffen zu haben obwohl dies offenkundig nicht der Fall ist. Ein Eingeständnis, eine Fehlentscheidung getroffen zu haben, erscheint für den Handelnden als unmögliches Ereignis. („Es kann nicht sein, dass ich kein Recht habe“)
 
Eine Antwort findet man in der Persönlichkeitsentwicklung des einzelnen handelnden Menschen. Folgt man den Psychologen Ross und Staw, so können die Kriterien für die Entstehung von Verlusteskalationen bestehen.
 
Eine Erklärung für Verlusteskalationen ist die Selbstrechtfertigungshypothese nach Staw.
Menschen verstehen sich als kompetente Entscheidungsträger, die dementsprechend auch gute Entscheidungen treffen. Mit diesem eigenen Selbstbildnis („ich bin der Beste“, „ich habe Recht“) kann man mit einem negativen Feedback, z.B. von internen Prüfern, nicht umgehen, denn dieses unabhängige objektive Feedback würde das eigene Selbstbildnis zerstören. Da dies aber in ihrer Persönlichkeitsstruktur nicht sein kann, sind eben die Prüfer nicht loyal oder werden gemobbt. Das wahre Potenzial hinter einem objektiven Feedback kann nicht erkannt werden.
 
Um an ihrem eigenen positiven Selbstbildnis festhalten zu können, bestimmen Intransparenz, Halbwahrheiten und Ignoranz das Handeln im Außen und es wird immer mehr Geld in die Projekte gesteckt um ihr eigenes Selbstbildnis als kompetenter Entscheidungsträger zu schützen.
 
Damit besteht ein irrationales Verhalten, da sie nicht aufgrund ökonomischer Kriterien handeln sondern nur auf ihr positives Selbstbildnis bedacht sind („schlechtes Handeln trotz besseren Wissens“).
  
„Das eskalierende Commitment bezeichnet die Tendenz, sich gegenüber einer früher getroffenen Entscheidung verpflichtet zu fühlen und diese über die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen zu stützen, obwohl sich diese Entscheidung bisher als ineffektiv oder falsch erwiesen hat (vgl. Brockner & Rubin, 1985; Staw & Ross, 1987).“
 
„Staw fand 1976 heraus, dass Personen, welche persönlich für das Projekt verantwortlich waren, ein höheres Commitment aufwiesen als die Personen, welche für die ursprüngliche Entscheidung nicht verantwortlich gewesen waren. Dies wurde so gedeutet, dass diese Entscheidungsträger zusätzliche Ressourcen investierten, um ihren einmal gewählten Weg zu rechtfertigen. (Vgl. Ross/Staw (1986), S. 275.) Das Bekenntnis, eine fehlerhafte Entscheidung gefällt zu haben, ist mit dem eigenen Selbstbild schwer zu vereinbaren. Aus diesem Grund ignorieren viele Entscheidungsträger die negativen Hinweise und verändern ihren anfangs gewählten Kurs nicht. (Vgl. Staw (1997), S. 199f., Wikipedia)“
 
Diese Symptome konnten wir bei unseren Prüfungen zu Kostensteigerungen in der Verwaltung feststellen.
Andere Beispiele (hier)

Ein einfaches Beispiel zum Schmunzeln:
Trotz vorhandener Dienstanweisungen und Zuschlagsschreiben, dass Sicherheitseinbehalte (Vertrags- und Gewährleistungssicherheiten) von der Bruttoauftragssumme zu nehmen sind, werden in einem Fachbereich seit 14 Jahren diese Einbehalte vom Nettobetrag genommen. Trotz Feststellungen der internen Revision wird dieses Verfahren durch die Führungskraft seit 14 Jahren nicht geändert ("Es kann nicht sein, dass ich einen Fehler mache").

Ein Bürgermeister in einer kreisfreien Stadt, vom Beruf Rechtsanwalt, erklärte auf die Prüfberichte des zuständigen RPA, welche Mehrkosten von ca. 7 Mio € beanstandet haben, dass ihm die Rechtsprechungen des BGH nicht interessieren. Schuld sind die Prüfer selber, weil sie falsch geprüft haben.

Ein weiteres Beispiel ist, dass eine Stadtverwaltung nach einer fristlosen Kündigung eines Angestellten zweimal vor den Arbeitsgerichten verloren haben aber immer noch äußern, dass die Richter beim Landesarbeitsgericht den Sachverhalt falsch eingeschätzt haben.

Ein Nachtrags- und Baukostenmanagement bzw. ein Controlling werden oftmals konsequent abgelehnt („wir müssen was schaffen“, "für sowas fehlt das Personal"), Baukostensteigerungen werden ohne Prüfung/Beauftragung ausgezahlt, der Haushalt wird belastet obwohl keine Deckung vorhanden ist oder die Internen Prüfer werden mit Sprechverbot oder Verunglimpfungen/Verleumdungen/Mobbing belegt.
So hat z.B. ein Oberbürgermeister einer kreisfreien Stadt seine Prüfer der Revision als "schlechteste Prüfer ganz Deutschlands" bezeichnet, weil die Prüfungsergebnisse von Bauvorhaben (Mehrkosten von ca. 14 Mio.€) nicht den politischen Vorstellungen ersprachen.
Festzustellen bleibt, dass diese Prüfer alles richtig gemacht haben, denn sie haben zu Ihren persönlichen Wertevorstellungen gehalten, im Sinne der Steuerzahler gearbeitet und nicht die politischen Erwartungen eines Einzelnen  erfüllt. Sie haben bei den Feststellungen das geschrieben, was der Steuerzahlen von seinen objektiven Prüfern gesetzlich erwartet. Das es diesem politischen Entscheidungsträger nicht gefällt, unterliegt dessen Gewissen.
 
Wie kann man diese Situation der Steuergeldverschwendung ändern?

Eine Änderung ist nur dann möglich, wenn der eigene Wille der Führungskräfte für die eigene Veränderung vorhanden ist.
 
Wenn das eigene Verständnis zur Änderung des Selbstbildnisses in einem selber angekommen ist und man sich selber eingestehen kann, dass man vielleicht einen Fehler gemacht hat und es nach ökonomischen wirtschaftlichen Kriterien abändert, dann besteht die Möglichkeit der schöpferischen Kommunikation.
 
Nur wenn die eigenen Werte wie Transparenz, Ehrlichkeit und Respekt vor dem Steuerzahler vorhanden sind und gelebt werden, ist die Machbarkeit einer Veränderung möglich. Dazu gehört die Kommunikation einschl. die Umgehensweise mit positiven und negativen Feedback.
 
Zur Machbarkeit gehören die Schulungen der Führungskräfte und ein Coaching der politischen Verantwortlichen. Führungspositionen sollten nicht nach dem Prinzip „ich bin mit der Beförderung dran“ oder dem „Parteibuch“ vergeben werden sondern nach Kriterien der Persönlichkeitsstruktur, der eigenen Motivation und dem natürlichen Talent und deren Verhaltenspräferenzen.
  
Unzählige Beispiele aus Studien zeigen, dass der Weg zur Verringerung der Steuergeldverschwendung noch weit ist. Noch zu stark sind die Realitätsinseln und das Ego der politischen Verantwortlichen und der Führungskräfte ausgeprägt.
                                                                                                  
 
Als ausgebildeter Coach möchten wir Führungskräfte auf dem neuen Weg unterstützen und bieten dazu ein Einzelcoaching an (hier)
Für Führungskräfte (hier) und Mitarbeiter (hier) bieten wir folgende Inhouse-Schulungen zur Thematik an.

(Anmerkung: Die Ausführungen sind die persönlichen Ansichten des Verfassers und stellt keine Beratung im Einzelfall dar. Siehe dazu auch Impressum und Aktualisierung/Haftung)



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